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Internationale Zusammenarbeit

15. Januar 2013

Im folgenden Artikel wird ein Blick über den Tellerrand geworfen. Dabei werden die potenziellen Möglichkeiten des Katastrophenschutzes durch Unterstützung der in der Bundesrepublik stationierten NATO-Bündnispartner näher beleuchtet. Ein gutes Beispiel für eine enge Kooperation mit den amerikanischen Streitkräften findet sich in Rheinland-Pfalz, wo das Gefahrenabwehrpotenzial der amerikanischen Streitkräfte im Raum Kaiserslautern erkannt wurde und die gegenseitige Unterstützung nicht nur im Katastrophenfall gelebte Praxis ist.

ZUSAMMENARBEIT MIT AMERIKANISCHEN STREITKRÄFTEN

Die Zusammenarbeit der beiden NATO-Bündnispartner USA und Deutschland lässt sich anhand der konkreten Zusammenarbeit im Raum Kaiserslautern auf Landkreisebene wiederfinden.

Auf beiden Seiten wurde früh das jeweils vorgehaltene Potenzial an Gefahrenabwehrstrukturen erkannt. Zur Sicherheit der in diesem Gebiet lebenden Menschen verständigte man sich darauf, für den Partner unterstützend tätig zu werden. So wurde am 1. März 1990 ein Hilfeleistungsabkommen zwischen der US Army und den jeweiligen Gebietskörperschaften (Verbandsgemeinde Bruchmühlbach-Miesau, VG Enkenbach-Alsenborn, VG Hochspeyer, VG Kaiserslautern-Süd, VG-Landstuhl, VG Otterbach, VG Otterberg, VG Ramstein-Miesenbach und VG Weilerbach) des Landkreises Kaiserslautern und der Stadt Kaiserslautern geschlossen. Diese Vereinbarung sollte die bereits gelebte gegenseitige Unterstützung im Brandschutz, der Allgemeinen Hilfe und im Katastrophenschutz schriftlich fixieren.

Zurzeit wird dieses Hilfeleistungsabkommen überarbeitet und liegt bei den amerikanischen Behörden zur Genehmigung vor. Im Zuge der Überarbeitung werden im benachbarten Donnersbergkreis ebenfalls Gespräche geführt, um ein entsprechendes Hilfeleistungsabkommen zwischen den örtlichen, nicht-polizeilichen Gefahrenabwehreinheiten des Landkreises, der Verbandsgemeinde Winnweiler und den entsprechenden Einheiten der US Army treffen zu können, um die bis zum heutigen Tag praktizierte „nachbarschaftliche" Hilfe auf ein modernes und rechtlich präzises System zu erweitern.

Die US Army betreibt im Landkreis Kaiserslautern zwei Fire Stations: eine am Militärstandort Miesau und eine weitere im Stadtgebiet Kaiserslautern. Eine dritte befindet sich am Standort Sembach, in der Gemarkung der Verbandsgemeinde Winnweiler und damit im Donnersbergkreis. Eine vierte Einheit befindet sich im Einzugsgebiet Germersheim. Alle vier Einheiten sind einem gemeinsamen Fire Departement unterstellt.

Derzeit sind pro Station 31 Personen im Schichtdienst des „Abwehrenden Brandschutzes" tätig, davon immer 8 bis 12 Mitarbeiter pro Station im 24-Stunden-Dienst. Zusätzlich gibt es:

  • einen Fire Chief und einen Deputy Fire Chief als oberste Leitung im feuerwehrtechnischen Bereich,
  • zwei Assistant Fire Chief Operations (Leitung des abwehrenden Brandschutzes),
  • einen Assistant Fire Chief Training (Ausbildungsleitung),
  • einen Assistant Fire Chief Prevention (vorbeugender Brandschutz), diesem unterstehen 8 Brandschutzinspekteure.

Besonders stolz ist man seitens der Führung, in diesem vormals als reinen Männerberuf wahrgenommenen Job ebenfalls Feuerwehrfrauen in den Reihen der Kameraden anzutreffen.

An allen vier Fire Stations wird eine gute Zusammenarbeit mit den jeweils umliegenden Katastrophenschutzeinheiten gepflegt. So erläutert Thomas Heinrich (Crew Chief/Lead Firefighter/Rettungsassistent): „Grundlegend sind alle Einsatzkräfte sowohl nach deutschem Recht als auch nach amerikanischem Recht als Feuerwehrmann bzw. Firefighter ausgebildet. Dies beinhaltet als Minimum eine feuerwehrtechnische Ausbildung nach FWDV 2 bis einschließlich Truppführer, Maschinist, Atemschutzgeräteträger, CSA-Träger, Sprechfunker und Sanitätshelfer. Die amerikanische Ausbildung beinhaltet als Minimum Firefighter 1 & 2, Hazardous Materials Level Awarness, Operational und Technician. Wir versuchen, höchstmögliche Standards zu erreichen. So wurden in den letzten Jahren auch vermehrt hauptberufliche Werkfeuerwehrmänner/-frauen ausgebildet, auch Rettungssanitäter und Rettungsassistenten werden bei uns beschäftigt und wurden in Zusammenarbeit mit der DRK Rettungsdienst Westpfalz GmbH/ DRK-Kreisverband Kaiserslautern Stadt und dem DRK-Landesverband Rheinland-Pfalz ausgebildet. Ferner kommen viele Sonderfunktionen wie die der Gefahrstoffeinheiten, IUK-Personal, SEG-Gruppenführer usw. hinzu."

AUSBILDUNG IM BILDUNGSINSTITUT DES DRK-LANDESVERBANDES

Durch eine enge Zusammenarbeit der US Army mit der DRK Rettungsdienst Westpfalz GmbH, die nicht zuletzt aufgrund der guten persönlichen Kontakte von Herrn Prinz (Geschäftsführer der DRK Rettungsdienst Westpfalz GmbH und des DRK-Kreisverbands Kaiserslautern) zustande kam, können neben dem theoretischen Wissen Erfahrungen im Bereich der Notfallversorgung gesammelt und ausgetauscht werden. Alleine in den letzten zwei Jahren wurden 35 Rettungssanitäter der vier Fire Stations durch den DRK-Kreisverband Kaiserslautern-Stadt unter der Leitung von Anja Bauer (Bereichsleiterin Bildung der DRK-Akademie Kaiserslautern) gemeinsam mit dem Bildungsinstitut des DRK-Landesverbandes Rheinland-Pfalz aus- und fortgebildet. Die ausgebildeten Rettungssanitäter und Rettungsassistenten der Fire Stations verstärken auf ehrenamtlicher Basis die umliegenden Rettungswachen und können somit zusätzlich praktische Erfahrungen in der Notfallversorgung sammeln.

Da auf den amerikanischen Militärbasen kein eigener Rettungsdienst für die Soldaten und Zivilpersonen vorgehalten wird, kommt die notfallmedizinische Ausbildung und Erfahrung den Feuerwehrleuten zugute. Bei einem Notfall auf ihrer Militärbasis werden sie als First Responder tätig und können die Patienten bis zum Eintreffen des Regelrettungsdienstes aus dem zuständigen Landkreis erstversorgen. Nicht nur die Menschen auf dem Stützpunkt profitieren von den ausgebildeten Helfern in der Not, sondern auch die eigenen Kameraden wissen es sehr zu schätzen, dass sie sich im Ernstfall während eines Einsatzes auf deren medizinische Hilfe verlassen können.

AUSSTATTUNG DER DEUTSCH-AMERIKANISCHEN KATASTROPHENHILFE

Das zur Verfügung stehende Material sowie auch die Fahrzeuge der Firefighter-Einheiten zeigen, dass ein großes Hilfeleistungspotenzial auf den einzelnen Stützpunkten besteht. Aber nicht nur die Ausstattung, sondern auch das Konzept, das dahinter steht, lässt erkennen, dass die gegenseitige Katastrophenhilfe einen besonderen Stellenwert einnimmt. So werden z.B. der Aufbau und die Ausstattung der mitgeführten Notfallausrüstung ähnlich der Notfallkoffer des hierzulande agierenden Rettungsdienstes gehalten. Thomas Heinrich erklärt, „dass das Material voll kompatibel mit den Materialien des deutschen Rettungsdienstes ist. Angefangen bei der simplen Rettungsdecke bis hin zum Larynxtubus."

Zusätzlich werden Immobilisations- und Schienungsmaterialien, medizinischer Sauerstoff sowie ein Spineboard mitgeführt. Neben diesem Equipment wird auf den Fire Stations jeweils ein AED vom Typ Laerdal FR2 vorgehalten.

Das Installation Management Command gibt als zentrale Stelle die Konzipierung und den Bau der Fahrzeuge anhand technischer Richtlinien vor, wie sie auch das Land Rheinland-Pfalz nutzt. Neben den normalen Tanklöschfahrzeugen, die große Wassermengen mit sich führen, befinden sich an jedem Standort derzeit ein bis zwei Hybrid-Fahrzeuge. Das bedeutet, dass ein amerikanisches Fahrgestell mit amerikanischer Pumpe, die eine deutlich höhere Leistung hat, und ein deutscher Fahrzeugbau miteinander verbunden wurden. Ebenfalls werden diverse Kleinfahrzeuge für Sonderaufgaben und Wechselladerfahrzeuge, die mobile Abrollbehälter transportieren können, vorgehalten.

Im Bereich der Gefahrstoffe werden bei den amerikanischen Kollegen besondere Einheiten vorgehalten. So kann mit den Wechselladern ein sogenannter WMD Container (WMD: Weapons of Mass Destruction) zum Einsatz gebracht werden. Dieser beinhaltet eine Dekontaminationsstelle, die modular aufgebaut ist und bis zu 200 Personen, sowohl gehfähig als auch verletzt, dekontaminieren kann. Hierzu gehört ferner Zusatzmaterial wie auch Messtechnik, zu der u.a. die normalen Dräger Tubes zählen. Strahlungs-, Wettermessungen, Laserspektrometer und Bio-Kits sind ebenfalls vorhanden und können im Einsatz genutzt werden. Drei dieser Container werden derzeit in enger Zusammenarbeit mit den umliegenden Gefahrstoffzügen sowohl in der Stadt als auch im Landkreis Kaiserslautern betrieben.

GEMEINSAME ÜBUNGEN UND NOTFÄLLE

Egal wer welchem Partner im Schadensfalle helfen soll – sei es mit technischem Gerät für die deutsche Seite oder „Manpower" in Form einer SEG des jeweiligen Landkreises für die amerikanische -, eine gemeinsame wiederkehrende Übung ist einer der Schlüssel zum Erfolg dieser Kooperation. So arrangieren beide Seiten zwei- bis viermal im Jahr eine kollektive Übung, bei der mehrere Großschadensereignisse, angefangen beim Flugzeugabsturz bis hin zum Terroranschlag und dem Massenanfall von Verletzten, geprobt werden können.

In der Vergangenheit haben die Menschen im Raum Kaiserslautern bereits vielfach von der gemeinsamen Hilfeleistung profitiert. Der Commander Lt. Colonel Zetterstrom (Einheitskommandeur) und/oder Provost Marshall Lt. Colonel Walker (Militärpolizei-/ Feuerwehr-Chef) sind hier die erste Anlaufstation, wenn die Hilfe der amerikanischen Kameraden in Anspruch genommen werden soll. Sie erteilen den Einsatzbefehl, woraufhin die Kräfte nach ihrer Alarm- und Ausrückeordnung die Schadensstelle anfahren.

Nicht nur bei der Fußball-WM 2006 wurde z.B. die Dekontaminationseinheit der amerikanischen Streitkräfte zur Unterstützung herangezogen. Ebenso wurden bei dem Großbrand im Jahr 2008 in Rodenbach amerikanische wasserführende Löschfahrzeuge eingesetzt, um gemeinsam mit den deutschen Löscheinheiten dem verheerenden Feuer in der Reifenfabrik Herr zu werden. Vor wenigen Wochen kam es zu einem MANV in einer Middle-School, bei dem auch auf deutsche Katastrophenschutzeinheiten (z.B. SEG) aus den Landkreisen zurückgegriffen wurde.

Abschließend wollten wir von den beteiligten Vertragspartnern wissen, wie sie die bis heute stattgefundene Hilfeleistung bewerten und was sie sich vom „neuen" Hilfeleistungsabkommen versprechen. Hierzu Jürgen Stegner, Fire Chief der US Army Garrison Kaiserslautern: „Es war ein langer Weg, um ein solches Hilfeleistungsabkommen auch schriftlich fixieren zu können, dennoch stand für beide Seiten durch die Zusammenarbeit zuvor schon immer der Schutz der Bevölkerung im Vordergrund. Ein neues Hilfeleistungsabkommen wird es in diesem Sinne nicht geben, sondern das Bestehende wird lediglich überarbeitet und an die aktuellen rechtlichen Grundlagen angepasst."

Rudolf Jacob, Verbandsbürgermeister der Verbandsgemeinde Winnweiler erklärte auf unsere Frage: „Die Zusammenarbeit funktioniert bereits sehr gut. Der Abschluss des ‚neuen’ Hilfeleistungsabkommens wird daran in der Praxis sicherlich nichts ändern. Es werden darin lediglich die rechtlichen Rahmenbedingungen fixiert und angepasst. Gerade für eine Verbandsgemeinde mit ausschließlich ehrenamtlicher Feuerwehr ist es natürlich ein großer Vorteil, eine hauptamtlich besetzte Gruppenwache mit qualifiziertem Personal gerade tagsüber quasi in Reserve zu haben. In den Orten und auf der BAB 63, wo die US-Feuerwehr schneller oder ähnlich schnell wie die Stützpunktwehr Winnweiler am Einsatzort sein kann, ist sie sogar in der Erstalarmierung vorgesehen. Für uns ist nicht maßgebend, wer schnelle und qualifizierte Hilfe leistet, sondern dass schnelle und qualifizierte Hilfe geleistet wird, egal ob von der deutschen oder der amerikanischen Feuerwehr."

Der Geschäftsführer der DRK Rettungsdienst Westpfalz GmbH und des DRK-Kreisverbandes Kaiserslautern Stadt, Marco Prinz, verdeutlichte: „Das gegenseitige Hilfeleistungsabkommen ist für die gesamte Region ein nicht mehr wegzudenkender Baustein in der nicht-polizeilichen Gefahrenabwehr. Diese Partnerschaft zwischen zivilen Institutionen und den US-Streitkräften dient der Sicherheit der gesamten Bevölkerung in vielerlei Hinsicht. Neben einem umfangreichen Wissensaustausch und der konkreten Unterstützung bei Schadensereignissen trägt dieses Abkommen maßgeblich dazu bei, dass sich die handelnden Personen auf ziviler und militärischer Ebene näher kommen und voneinander lernen können.

Quelle: Rettungsdiesnt (Zeitschrift für präkliniswche Notfallmedizin) Ausgabe Nr. 1, Januar 2013